Presse

Moritz Leuenberger, 1. August 2018

Grüezi – Der wilde Mann

«Zugegeben, ich bin ja nicht der fanatische Operettengänger und der Musikkultur in unseren Alpen habe ich mich immer etwas zögernd genähert. Nachdem ich aber seit drei Jahren selber als Unterhalter auf der Bühne stehe und auch weil sich in meiner Verwandtschaft schauspielerne Personen etabliert haben, schaue ich mich etwas unbefangener und vorurteilsloser um und besuchte auch die neue Inszenierung der Operette von Robert Stolz, nicht ganz allein, der Zudrang war beträchtlich und eine Saalschlacht um gute Plätze konnte, wenigstens bei meinem Besuch, nur mit Mühe vermieden werden. Während der Vorstellung begriff ich warum. Die Aufführung war ungemein erfrischend, fröhlich und humorvoll. Ein ironisch überhöhter Alpenklamauk auf höchstem schauspielerischem und musikalischem Niveau. Da verzieh ich dem Publikum sogar, dass es dauernd versucht war, schwelgend ins Schunkeln zu schlittern. Doch die Inszenierung und professionelle Präsenz der Schauspieler und Schauspielerinnen wusste dies souverän zu unterbinden und führten immer rechtzeitig wieder zu unterhaltsamen Dialogen, die dem Stück neue Wendungen angedeihen liessen. Ich würde mich sehr freuen, wenn all diejenigen, die im Weissen Wind keinen Platz mehr fanden, bei einer Wiederaufnahme das Stück im Bernhard Theater besuchen könnten. Ein Zuschauer wird der wiederaufgenommenen Aufführung gewiss sein: Ich selber besuche ein Theaterstück praktisch nie zweimal. Doch ‹Grüezi› wird eine Ausnahme sein.»

Stefan Busz, Tages-Anzeiger, 26. Mai 2018

«Grüezi» singt das Lied der Willkommenskultur

«Zürich, Weisser Wind – Wäre die Welt wie in der Operette, sie sähe schöner aus, denn da löst sich vieles, was den Menschen das Leben schwermacht, in ein Nichts von Trallala auf. Vom Glück der Begegnung erzählt die Revue-Operette ‹Grüezi› von Robert Stolz. Sie singt das Lied von der Willkommenskultur: Von der konnte der Librettist Robert Gilbert, der 1934 zur Zeit der Zürcher Erstaufführung von den Nazis ins Exil gezwungen wurde, nur träumen. So ist in ‹Grüezi› der Schweizer Himmel immer blau. Und die Menschen geben sich freundlich die Hand. Eine schöne Vorstellung. Auch heute. Den schönsten himmelblauen Traum träumt Gritli, die Sekretärin im Hotel ‹Der wilde Mann› ganz oben in den Schweizer Bergen. Sie ist das Liebkind der Belegschaft wie auch der Gäste, alle sind in ‹das saubere und tüchtige Mädchen› verliebt. Schnell hat Patricia Zanella sich auch in die Herzen des Publikums gesungen, sie strahlt mit ihrer Stimme nur so vor sich hin. Um ihre Figur dreht sich das Liebeskarussell, gleich fünf Männer halten um Gritlis Hand an, darunter Manuel Löwenberg, der einen deutschen Filmregisseur spielt, und Hans-Caspar Gattiker, der Hotelbesitzer. Am Schluss geht (fast) die ganze Geschichte auf: Paar findet sich zu Paar. Mit im Spiel sind Franz, François Francesco, die Söhne des Hoteliers, dann Marie, Marianne, Marietta, junge Mädchen aus Wien, Paris, Mailand. Und ein ungarischer Filmstar sorg für das Paprika. Für das Glück hat es am kleinsten Ort Platz. Es ist ein Wunder, wie alle, die in ‹Grüezi› spielen, im Saal des Restaurants ‹weisser Wind› unterkommen – das kleine Orchester sitzt beim Notausgang. Die Regisseurin Ulla Schlegelberger macht keine Abstriche. Alles ist da, was das Singspiel zum Vergnügen macht. Da treten die Sängerinnen und Sänger schon mal im Publikum auf oder steigen auf die Tische im Saal. Wenn dann noch Sepp Trütsch als Gastsolist das Lied vom Buurebüebli singt, schunkeln alle mit. Denn an einem solchen Tag muss man einfach glücklich sein. Operette eben.»